Seligsprechung


Als Zeichen der Verehrung nimmt die Bevölkerung von Cartagena in grossen Massen an der Umbettung von Maria Bernarda 1956 teil.
Als Zeichen der Verehrung nimmt die Bevölkerung von Cartagena in grossen Massen an der Umbettung von Maria Bernarda 1956 teil.

Das Seligsprechungsverfahren ist ein systematisiertes Vorgehen mit dem Ziel, die umfassende Wahrheit über eine Person herauszufinden, die im Rufe der Heiligkeit steht. Dieses Verfahren geht dem Heiligsprechungsverfahren seit gut 300 Jahren voraus. Zwischen Seligen und Heiligen gibt es keinen qualitativen Unterschied was das Martyrium oder das Tugendleben betrifft. Der Unterschied liegt allein in der Verehrung. Selige werden in bestimmten Gebieten wie Sprachräumen oder Diözesen verehrt, Heilige hingegen weltweit.

 

Die Verfahren zur Selig- und Heiligsprechung haben sich in nahezu 1000 Jahren entwickelt und bewährt. Sie sollen Fehlern entgegenwirken, da Menschen, die im Vordergrund Grossartiges leisten, daneben auch Schlechtes und Verwerfliches tun können, was dazu führt, dass sie als Vorbild nicht geeignet sind.

 

Voraussetzungen für die Einleitung des Seligsprechungsverfahrens sind der „Ruf der Heiligkeit“ und der „Ruf der Wundertätigkeit“, die die Person unter den Gläubigen geniessen muss. Das Verfahren hat vier Stufen:


  • Die vorbereitenden Massnahmen zur Einleitung des Seligsprechungsverfahrens
  • Die Phase der Beweisaufnahme in der Diözese
  • Die Phase der Entscheidungsfindung in der Kongregation für Seligsprechungen
  • Die definitive Entscheidung des Papstes und die öffentliche Erklärung und Feier der Seligsprechung

Den Seligsprechungsfeiern für Maria Bernarda am Sonntag, 29. Oktober 1995, ging auch dieser lange Prozess voraus. Das Verfahren wurde lokal in Kolumbien am 10. November 1932 vom Generalrat der Kongregation in Cartagena angestossen, wo Mutter Bernarda im Volk seit ihrem Tod im Ruf der Heiligkeit stand. Zur beweisbaren Feststellung der seelischen Grösse von Maria Bernarda brauchte es Jahre um die notwendigen Dokumente zu sammeln. Es galt, die Lupenreinheit ihrer franziskanischen Haltung zu beweisen. Über Jahre liefen die bischöfliche Informationsprozesse, in denen das Zeugnis ihrer 27 Tagebücher und die Flut der gesammelten Briefe wie die Vollkommenheit ihres Dienstes durch ihre Mitschwestern bestätigt wurden. Am 9. Januar 1952 konnte das gesammelte Material der zuständigen Kongregation in Rom eingereicht werden. 1959 hiess Papst Johannes XXIII Maria Bernardas Schriften gut.

Liliana Sanchez beim Besuch in Auw am 10. Oktober 1995
Liliana Sanchez beim Besuch in Auw am 10. Oktober 1995

Das für eine formelle Seligsprechung „zur Ehre der Altäre“ notwendige Wunder erfolgte am 19. August 1967. Das erst wenige Tage alte Mädchen Liliana Sanchez lag wegen eines Hirntumors im Sterben. Nach den Berichten wurde auf Anraten der anwesenden Schwester dem Säugling ein Bild von Maria Bernarda auf den Kopf gelegt und man ruf ihre Hilfe an. Am Morgen war das Bild verschwunden und mit ihm der Tumor. Mehrere Ärzte und Wissenschaftler untersuchten den Vorgang und kamen zum Schluss, dass das Wunder mit den Instrumenten der Wissenschaft nicht erklärt werden kann.

 

Papst Paul VI. unterzeichnete am 15. Juli 1974 das Dekret zur Weiterführung des Seligsprechungsprozesses, der am Sonntag, 29. Oktober 1995 mit der feierlichen Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II im Petersdom abgeschlossen wurde.


Erfahrungsbericht zur Seligsprechung von Mutter Maria Bernarda Bütler
am Sonntag, 29. Oktober 1995 in Rom


Gegen 9 Uhr beginnt das diplomatische Corps die reservierten Plätze einzunehmen, und um 9.30 Uhr zeigt aufbrandender Applaus, der sich vom Hauptschiff durch die Basilika fortpflanzt, die Ankunft des Heiligen Vaters an, von viel Assistenz begleitet. Papst Johannes Paul II. steigt die Stufen zum Altar hinauf und beginnt mit dem feierlichen Gottesdienst.
Nach dem Kyrie wird der eigentliche Seligsprechungsritus mit dem Verlesen des Lebenslaufes der drei Frauen eingeleitet. Der Bischof der jeweiligen Diözese ist beauftragt, das Leben der Seligen zu schildern, für Maria Bernarda Bütler macht es in spanischer Sprache der Erzbischof Carlos Jose Ruiseco von Cartagena, Kolumbien. Die Bischöfe bitten den Heiligen Vater, die drei Frauen selig zu sprechen. In der Seligsprechungsformel entsprach der Papst dieser Bitte und erklärte, dass die Dienerinnen Gottes ab jetzt selig genannt werden dürfen,
Der Sterbetag von Mutter Bernarda, der 19. Mai, der ja ihr Geburtstag für das ewige Leben ist, wird als Gedenktag bestimmt für die Orte und Diözesen, wo die Schwestern ihrer Kongregation heute noch wirken. Dort darf ihr zu Ehren auch eine heilige Messe mit eigenen Texten gefeiert werden.
Mit Lobpreisungen und Danksagungen und der Enthüllung der Bilder ist die eigentliche Seligsprechungsfeier abgeschlossen. In den Fürbitten wird auf das tugendhafte Leben, das unermüdliche Wirken für Gott und die Menschen und das persönliche Opfer der nunmehr Seligen hingewiesen.
Die sehr einfache, aber beeindruckende Zeremonie endete mit dem päpstli-chen Segen, den der Heilige Vater mit klarer und starker Stimme den vielen Gläubigen spendete. Immer wieder brandeten Jubel und Applaus auf, besonders natürlich unmittelbar nach der Seligsprechung. Die Kirche hat nun drei grossartige Frauen, die ihr Leben ganz in den Dienst Gottes gestellt haben, offiziell zu Seligen erklärt. Nicht nur ein vorbildlich tugendhaftes Leben ist dafür Voraussetzung, sondern auch die Anerkennung eines Wunders, das von einer strengen Ärztekommission als solches bestätigt werden muss. Auf die Fürbitte Mutter Bernardas wurde in Cartagena/Kolumbien am 2. 9. 1967 ein neugeborenes Mädchen, das einen bösartigen und inoperablen Hirntumor hatte, wunderbarerweise und spontan geheilt. Die Geheilte, Lilian Sanchez aus Cartagena sass unter den Pilgern. Was mochte sie wohl empfunden haben?
In Gottesdiensten am Tag vor der Seligsprechung und am Tag danach wurden in den Basiliken St. Paul vor den Mauern und St. Peter die drei Seligen geehrt und um ihre Fürsprache gebeten.
Die Seligsprechungsfeier, die gemeinsamen Gottesdienste und die abschliessende Papstaudienz zeigten das weltumspannnende Wesen der Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen mit Gott und seinem Stellvertreter Papst Johannes Paul II. Die Ehre, die Mutter Bernarda und den anderen Frauen zuteil wurde, soll das Wirken und Leben der Seligen auch vor der Welt offenbaren und soll allen Gläubigen Mut machen für ihren Glaubensvveg.